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11.9.
Unendliche Steppenlandschaft - Balbas - Balgashsee - Fische -  360° Farbkreis

Wir haben uns für die Reise durch die Zentralsteppe am Balgashsee entlang auf die Hauptstadt Astana zu entschieden (ca 1500km). Damit sparen wir uns den Westen Kasachstans für eine weitere  - Stan-Reise auf. Außerdem sind wir doch neugierig auf die Stadt, die im nächsten Jahr die Expo ausrichtet. Dann lesen wir im Reiseführer von Wächterfiguren (sog. Balbas) in der Nähe von Schu. Diese wollen wir suchen, auch wenn die Koordinaten im Buch falsch angegeben sind. Es geht durch Steppe, am Rand noch riesige Zwiebelfelder, die Ernte ist in vollem Gang. Der Feldweg laut Koordinaten erst einige 100m weiter, dann nach 6km durch die leicht gewölbte Steppe auf abenteuerlichem ausgefahrenem Weg bis etwa in Höhe der Balbas - und - nichts! Wir steigen aus, mit dem Navi in der Hand und geben nicht auf, das dürre Steppengras zerkratzt unsere Beine ( demnächst nur mit langen Hosen und Strümpfen) - und dann, ich glaube es kaum, sehe ich Schild und Figuren -juhuuuu! - und diese sind wirklich wunderschön. Uli will sofort einen Verein zur Rettung der Figuren gründen und diese ins Museum bringen und wir sind glücklich, diese alten Zeugen einer alten Kultur einfach umarmen zu dürfen, darf man im Museum ja nicht!
In der Steppe sind überall auch Flussarme, hier übernachten wir dann auch - in der Nähe Angler. Dann geht es weiter, vorbei an vielen Ständen mit  buntem Obst. In den Ständen sieht man mindestens ein Bett und wir denken, dass dies wohl die Saisonunterkunft der Verkäufer und ihrer Familien ist. Bald werden die Obststände durch die Fischerbuden abgelöst - ab jetzt also Übergang von der Vitamin- zur Eiweißzone. Wir suchen uns in Myngaral   ein wunderschönes Plätzchen am Sandstrand. Abends bekommen wir vier Fische geschenkt, angeblich kleine. So lange habe ich mich gegen das Entschuppen und Ausnehmen gewehrt, aber jetzt muss es sein - ich schiebe es für den Morgen nach dem Kaffee auf - na, war gar nicht so schlimm und hat sich gelohnt - zweimal lecker gespeist.
Am Samstag erleben wir einen Strandtag ohne jede Wolke mit unglaublich intensiven Blautönen des Himmels und Wassers. Am Sonntagmorgen dann Schwimmen schon vorm Frühstück - wir fühlen uns fit und munter zum Aufbruch - immerhin sollten wir auch mal ein paar km schaffen. Die Strasse führt so weit vom See weg, dass man ihn nicht mehr sieht. Dieses veranlasst uns, in Tasaral mal wieder ans Wasser zu fahren - eine 12km lange Piste führt dort hin. Wir sehen große Kamele und dann zieht plötzlich ein Sandsturm auf -
Wir suchen im Ort Schutz an einem Gartenzaun, haben Smaltalk mit den Anwohnern, kochen Kaffee und essen den selbstgebackenen Kuchen (Aldibackmischung in Omniaform - genial lecker mit Sahne) und können den tobenden See beobachten. Derweil stimmen die Jungkamele im Stall einen herzergreifenden “Gesang” an. So ein schöner Tag - vielleicht hätten wir nicht weiter am See entlang auf der Piste fahren sollen - irgendwann mögen wir nicht mehr, die Strasse in Sichtweite, vielleicht 4km entfernt, noch immer weht der Wind kräftig - wir stellen uns einfach in die Steppe und genießen das Farbspiel des Sonnenuntergangs von orange bis rosa, 360°.

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12.9.
Am See entlang bis Balgash und Baustelle mit Geschwindigkeitsüberschreitung

Nach stundenlanger Steppenfahrt kann eine Stadt richtig belebend sein. Balgash ist so anders als unsere letzte Stadt in Kirgistan - Kochkor, die sich sehr traditionell zeigte. Hier nun modernes Stadtleben, ein junges Mädchen geht brauchfrei, kaum Kopftücher, das Warenangebot reichhaltig, vor allem die Obst-und Gemüsestände wirken so bunt nach der trostlosen Steppe. In einer Markthalle gibt es verschiedenste Fleischstände, uns hat es aber ein Salatstand mit einer jungen Thailänderin angetan.  Wir probieren von den eingelegten Pilzen und Gemüsen und kaufen reichlich ein.
Die Straßenverhältnisse sind recht gut, keine Löcher, aber Wellen, so dass wir  kaum je über 70kmh fahren. Dann gibt es sogar neuen Betonbelag, mit riesigen Baumaschinen wird gearbeitet - die Strecke bis nach Astana soll wohl bis zur Expo proper aussehen - und sie ist schon mit 50 kmh ( manchmal 70) befahrbar - viele Kasachen nutzen dieses um mal richtig Gas zu geben und ständig werden wir überholt. Uli fährt dann auch mal etwas schneller und prompt werden wir von einem entgegenkommenden Polizeifahrzeug gefilmt: 11kmh zu schnell:”Straf”! Wir kennen das Prozedere, zuerst wird eine horrende Summe verlangt ( in unserem Fall 30 000 Tenge - 80€) ,dann gibt es aber kein Protokoll und mit ein wenig Schmiergeld (ca14€) verabschiedet man uns mit Handschlag sehr freundlich (wenn man sich Zeit nimmt, kommt man auch ohne zahlen davon, denn sie schreiben nicht gerne ein Protokoll). So haben wir doch auch wenigstens ein Polizeierlebnis.

 

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13.9.
Karaghandy - Worpsweder Künstler - deutsche Spuren

Wieder stundenlange Fahrt durch die Zentralsteppe, kaum Orte und man kann sich gut vorstellen, dass diese Gegend eine Region zahlreicher Gefangenlager war. Dazu kommt das Kohlevorkommen, das hier mit Sträflingsarbeit abgebaut wurde. Wir wollen uns Karaghandy anschauen und treffen auf Spuren: dem Künstler Heinrich Vogeler ( in Bremen geboren) ist hier ein Denkmal gesetzt mit den Worten “ Ein Träumer ging verloren - seine Träume bleiben” - 1942 kam er im GULAG um. Der Palast der Kohlearbeiter ist prunkvoll, ein toller Theaterbau, nur der Plastikblumenschmuck ist daneben. Auch sonst hat diese Stadt Mühe ein Bild von sich zu zeichnen, da gibt es Grünstreifen, Prunkbauten und viel Marodes. Zum Schluss spricht uns ein Schulmädchen auf Deutsch an, Die Familie ihrer Freundin würde deutsch sprechen. Sie wundert sich, dass wir hier sind, obwohl wir hier gar keine Verwandten haben.
In der 10km entfernten Stadt Temirtau sehen wir dann die Schornsteine rauchen und können uns vorstellen, dass hier der Reichtum Kasachstans in der Erde schlummert und gehoben wird - dem indischen Multimilliardär Mittal gehört hier fast alles.
Weiter geht es durch die Steppe und an einem kleinen Wäldchen ( so was gibt es tatsächlich auch!) hinter Oskarovka machen wir Nachthalt.

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14./15.9.
Ausflug ins Korgal`zhyn Seengbiet (seit 2008 UNESCO-Weltnaturerbe)

Dank guter Strasse sind wir bald in Astana - einige Kasachstaner bezeichnen es als ihr Dubai. Das ist übertrieben, aber einige Hochhäuser können sich mit denen Dubais messen. Wir wollen die Hauptstadt erst am Wochenende besichtigen. Das Seengebiet ist “nur” 140km von Astana entfernt, wenn man aber bis zum Museumsort fährt und anschließend an den Tengiz-See, dort sich zu den Flamingos bringen lässt, kommt man locker auf über 200km für eine Strecke. Dazu kommt noch, dass nur die ersten 50km die Strasse in Ordnung ist, danach heißt es schaukeln und unser Zebra mutiert zu einem sich wild gebärdenden Schaukelzebra. Dann der Ort Korgalzhyn, wo das Museum sein soll. Hier ist wirklich das Ende der Welt, am Ortseingang ein schön verzierter Zaun, dahinter wirklich das Museum, alles sieht sehr zu aus, doch wir haben Glück, denn am Hintereingang stehen ein paar Männer und wir werden auf Deutsch begrüßt “warten Sie bitte 10Minuten”. Dann kommt Alexechji und bittet uns: “Stellen Sie ihre Fragen in kurzen
Sätzen und langsam!” Machen wir, und dann gibt er uns tatsächlich eine Führung durchs Museum, nachdem eine Frau überall das Licht einschaltet (Sorry, heute holidays)… wir sind überrascht,  wie gut gestaltet  alles ist, auch die künstlerische Ausführung . Ich mach schon mal ein paar Fotos, denn wer weiß, nachher ist in der Wildnis weder Flamingo noch Krauskopfpelikan. Alexechji entpuppt sich als Biologe (Fach:Fische) und Fizedirektor des Museums und erzählt sehr kompetent über das Naturschutzgebiet. Die Murmeltiere werden wir nicht mehr sehen, denn das Steppengras beginnt schon ab August braun zu werden und bietet den Tieren keine Nahrung mehr. Die Saiga-Antilope ist so gut wie ausgestorben, aufgrund einer Epedemie ( Ich frage vorsichtig: Jäger? - er verneint). Die Vogelzuglinien kreuzen sich in diesem Gebiet. Was also bekommen wir zu sehen? Wir sollen 45km am See gen Abei - ein kleines Dorf- fahren und dann ca nochmals 10km,  so “Gott will, stehen dort die Flamingos”. Wir bedanken uns herzlich,  natürlich war die Führung gratis. Es kommen pro Jahr höchstens zwei Paare wie wir dort hin, ansonsten einige Studentengruppen. Angesichts der Uhrzeit müssen wir uns sputen - irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass wir hier die einzigen Zugvögel sind.
Die Piste vor Abei wird immer schlechter,  plötzlich hält ein “Kommissbrot” neben uns und zwei Typen, einer mit Ausweis, wollen uns zu einem Nachtplatz am See bringen, morgen könnten wir dann dort Flamingos sehen. Der Weg an den See erscheint uns unendlich, dann kommt noch ein zweites Fahrzeug, wir werden total vollgequatscht und sind froh, dass sie in der Nähe eine “Buda” haben, wo sie schlafen wollen - auch wir haben  endlich Feierabend , die Sonne geht blutrot unter, der Vollmond orange auf und wir denken an Berits Ausführungen über Kasachstan, wie gefährlich es ist, am Ufer eines Salzsees einzusinken, Uli legt noch Bretter unter die Reifen “Gute Nacht” ( um 7Uhr hören wir schon Autogeräusche, die Burschen wollen uns die Flamingos zeigen - doch wir stellen uns erst einmal noch eine Stunde tot). Bald rücken sie wieder an, sie sind wirklich sehr bemüht um uns und versprechen, dass es Flamingos gibt. Zunächst freunden wir uns an,der Chef dieses Gebietes entpuppt sich als großer Pantomime, so dass wir sprachlich kaum Probleme haben,  trinken Kaffe im Zebra und dann geht es los, durch die Steppe, zunächst zu ihrer Buda, damit wir wissen, wo wir heute essen werden. Zwei gerupfte Enten hängen schon zum Braten bereit unter dem Bauwagen, “esst ihr Fleisch, oder seid ihr Vegetarier?” den Satz versteht man auch mit geringen Sprachkenntnissen. Sie wollen uns ein Grillfest bereiten - irgendwie scheint ihre Jägerseele ausgeprägter, als die der Schutzgebietsverantwortlichen. Uli bekommt erst einmal einen Wildschweinzahn geschenkt und ich  - oh Wunder - ein Horn einer Antilope. Ich frage nach wegen der Epidemie - der Jäger winkt ab. Dann geht es durch die Steppe -auf abenteuerlichsten Pfaden zu den Flamingos - wir sind stolz auf unser Zebra und auf Ulis Fahrkünste. Ich hatte es schon nicht mehr geglaubt, aber dann bekommen wir sie tatsächlich zu sehen, zunächst auf Fernglasweite, dann noch näher. Der Gebietschef bewegt dann noch mit großem körperlichen Einsatz die Flamingos zum Flug, damit ich doch tolle Fotos habe - wie gern hätte ich in diesem Moment ein besseres Zoomobjektiv. Alle ziehen glücklich ab gen Buda, denn dort warte noch Entenbraten vorm Vorabend auf uns. Es schmeckt wirklich lecker so ein Entenessen aus dem Weltnaturerbe und ich habe fast kein schlechtes Gewissen, aber  es scheint hier normal zu sein.  Später wird Uli dann animiert, auch auf Entenjagd zu gehen - jetzt!! Da wissen wir, dass die Stunde unseres Abschieds gekommen ist, und wir lassen drei ganz enttäuschte Wildhüter mit einem großen Topf aufgetauter Ententeile , zwei gerupften Flugenten, geschätzter 5 Flaschen Vodka, … zurück. Ich hatte ihnen noch ein paar Fotos zur Deko für die Buda ausgedruckt - aber zu gerne hätten sie auch noch 100 Dollar für ihren Einsatz - na, das war nicht abgemacht, und sie müssen sich mit einem kleinen Trinkgeld und drei Dosen Bier zufrieden geben - wir sind glücklich und froh, als wir das Dorf Abei  und den See hinter uns lassen und zuckeln und schaukeln gen Astana. Immerhin haben wir die nördlichste Population der Erde von Flamingos gesehen - gut gemacht, oder?

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15./16.
Gedenkstädte Alzhir
Nach so viel Natur muten wir uns die Gedenkstädte in Akmol, ca 40km vor Astana, zu. Hier war  bis 1950 das Frauenlager der  politisch gefangenen Männer. Ein riesiger Komplex, der vor Schönheit strahlt, super gepflegt und künstlerisch durchgestaltet ist, da fügen sich sogar der Gefangenwagen, eine Baracke und Aufsichtsturm noch ganz “harmlos” ein. Man geht durch den Bogen - das Denkmal für die Opfer des stalinistischen Terrors auf den Museumsbau zu, im Halbkreis angeordnete Gedenksteine, auch einer von Deutschland für die Zwangkollektivierung  und die Zwangsumgesiedelten Wolgadeutschen, hinter dem Bau  lange Wände mit Namen der Millionen Opfer aller Länder. Im Museum die kasachische Geschichte und auf der ersten Etage Schauräume, bzw. Gefangenenzellen und einzelne Lebensläufe. Erschrecken kommt auf, wenn man die Fotos sieht, wie die Kinder ab drei Jahren den Frauen weggenommen wurden und in Waisenhäuser gebracht, ansonsten nimmt die künstlerische Gestaltung eher den Schrecken - dafür muss man dann Solschenizyn lesen.

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18.9.
Freitagstimmung in Astana und Ausflug wie die Einheimischen
Das Gemeinsame von Astana zu Dubai liegt in der Anmutung von Größenwahn und Künstlichkeit, mit der die Stadt aus dem Boden gestampft wird. Wir wollen das Wahrzeichen des Präsidenten, den Turm Bajterek  und die Pyramide, den “Palast des Friedens und der Eintracht” auf jeden Fall besichtigen. An beiden Orten können wir direkt parken - genial! Es ist auch sonst nicht viel los, eine Hochzeit und wenige Touristen, aber auch Kasachstaner.
Wir fahren mit dem Fahrstuhl in Kuppel des “Lebensbaumes” und beobachten, wir die Besucher auf ein Podest steigen und ihre Hand in den goldenen Handabdruck des Präsidenten Nazarbajev (Präsident auf Lebenszeit) legen und ihre Wünsche sprechen, natürlich nicht ohne gefilmt oder fotografiert zu werden. Wir genießen den Blick von oben auf die Stadt.
In der Pyramide finden alle zwei Jahre Treffen der Vertreter der fünf Weltreligionen statt. Heute findet ein Konzert statt und wir kommen daher nur bis in die Vorhalle.
Die Autofahrt durch die Stadt führt an vielen berühmten Gebäuden vorbei und wir merken, wir müssen hier nicht länger bleiben. Uns zieht es wieder in die Landschaft. Dort sind wir dann nicht alleine, denn auch die Astanaer fahren raus, um das Naturschutzgebiet Burabaj aufzusuchen. Man hat ihnen eine fünfspurige mautpflichtige Autobahn gebaut ( man wird eingangs gefilmt und am Ende elektronisch ausgewertet, kostet uns 1200Tenge = 3,20€), 220km sind fertig und so sind auch wir schnell weiter gen Norden …. und machen auch einen Ausflug in die plötzlich auftauchende Bergwelt - wie eine Fatamorgana in der Steppe.
Eine Familie läßt uns von ihrem Picnic kosten: Brot mit Fett und eine leckere Scheibe Pferdefleisch.
Wir fahren durch den herbstlichen Birkenwald wieder auf die Hauptstrasse zu und befinden uns schnell wieder in der Steppenlandschaft, kaufen noch in Kökshetau in einem sehr gut sortierten Supermarkt  ein und suchen dann einen Schlafplatz in der Steppe. Ein grandioser Sonnenuntergang - wie gehabt wird alles in orange getaucht und der Mond geht voll auf!

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19.9.

Kasachstan Tchüss!

Das war noch ein schöner Abschiedstag von Kasachstan mit einem Stadtbesuch in Petropavlovsk.( dank guter Strassen zwei Tage  schneller als gedacht)

Dann die Grenze, Mamlyutak -  und wir sind in wenigen Minuten bei den Russen - die nehmen es dann gründlich.

Wir "dürfen" uns in die LKW-Abfertigung einreihen - und es dauert lange für die Passkontrolle und auch das Zebra wird gründlch inspiziert, aber nach einer weiteren Stunde sind wir in Russland. Dort warten dunkle Regenwolken auf uns - was ist das? Wir hatten bisher wirklich fast nur Sonne - und jetzt , Regen und einen  doppelten Regenbogen! - Wir fahren gen Westen nach Deutschland!

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25. 9. Sonntagmorgen am Wolgastrand in Elschanka
Diese Überschrift klingt eigentlich ganz gut, das Plätzchen ist ein heißer Tipp von Pumares, nur heute stimmt das Wetter nicht - der Weg hinunter zum Strand total matschig, der Himmel ist grau verhangen, es regnet oder nieselt, ein paar unerschrockene Angler sind mit dem Boot draußen. Da nehme ich mir Zeit die Homepage mal weiter zu führen, dieses kam ja in den vergangenen Tagen zu kurz.( außerdem ist das Internet bisher immer zu schwach gewesen). Seit Dienstag sind wir wieder in Russland und das heißt jetzt Kilometer machen, wir sind die M5 über Kurgan - Chelabinsk -Ufa - Samara (eine einzige Baustelle, keine befestigten Strassen mehr) und dann südlich auf Saratov zu gefahren, das wir heute noch besichtigen wollen. Von einem Tag auf dem anderen befanden wir uns im bunten Herbstwald. Honig ist an der Strasse im Angebot und viele Pilzsammlerinnen unterwegs. Die Strasse ist zwar fast immer gut oder im Bau, aber sie ist sehr schmal, hügelig und der Verkehr heftig, dazu kommen immer gewagte Überholmanöver, die einen in Schrecken versetzen. Auch die Sonne zeigt sich nicht immer, aber wenn, dann  zaubert sie leuchtendes Herbstlaub oder einen Regenbogen. Alles in Allem ist es doch eher anstrengend und ich bin froh, wenn wir mal einen Stadtspaziergang oder Einkaufsbummel machen. Besonders gefallen hat es mir  in dem kleinen Städtchen Volsk, das eine Wolgapromenade und Fußgängerzone hat. Die  wolgadeutsche Vergangenheit zeigt sich mit wunderschönen Jugendstilbauten und einer renovierten Fassade der “Wolga Deutschen Bank”.

Russland, wir sind wieder da

27.9.
Ich staune selbst, als ich das Datum oben eintrage - wir sind schon heute Nachmittag in Kursk angekommen, d.h. nur noch gut 100km von der Grenze zur Ukraine entfernt. Die A144 sind wir also flott durchgefahren. Unliebsames Erlebnis war ein versuchter “Überfall” auf uns: eine Bande von drei Fahrzeugen (mit BG-Kennzeichen) stoppte uns, wollte Beifahrertür öffnen mit freundlicher Anmache, wir seien ja auch Europäer und mal kurz reden. Zum Glück hatte Uli die Tür verschlossen, da kommt der Typ zu mir rum, versucht auch die Tür aufzureißen, die ich aber auch verschlossen habe. Dann fängt er an zu jammern, er habe keine Rubel und müsse tanken, reißt sich den Ring vom Finger, den soll ich bekommen, wenn ich ihm Geld gebe - und in diesem Moment muss eigentlich jedem klar sein, dass hier was nicht stimmt. Ich bin dann ganz langsam geworden, hab mir sein Geld zeigen lassen - er rennt zum Wagen, reißt einen Säugling raus und jammert weiter - ich schlage vor, dass wir zur Tankstelle fahren und ich ihm dann eine Tankfüllung zahle - das wollte er nun gar nicht - und da bin ich einfach mit einem entschlossenen Blick durchgestartet auf die Bahn - die drei Fahrzeuge überholen mich - und wie ein Wunder auch ein Polizeifahrzeug (mit Blaulicht, das in anderer Mission unterwegs war). Das veranlasst die Burschen einfach auf der Autobahn zu wenden. Erst eine ganze Weile später sehe ich sie wieder vorbei brausen. Wir sind natürlich ziemlich aufgeregt und nehmen uns vor: 1. Nicht anzuhalten, wenn man uns winkt oder Panne vortäuscht. 2. Immer die Türen verschließen 3. Wenn man doch in eine Situation hineingerät ( nie ganz auf den Seitenstreifen fahren, sondern mit Warnblinkanlage halb auf der Str. bleiben - so hatte ich es gemacht!), unbedingt die Hektik rausnehmen und ganz langsam werden. (das probierte ich heute an einer Tankstelle aus, als mich schon wieder jemand um Benzingeld anbettelte)  Wir malten uns dann noch aus, was die Bande mit drei Fahrzeugen anstellt ( am Tag zuvor hatten wir schon mal solch eine Geschichte beobachtet, da waren die Insassen sehr chic gekleidet und täuschten eine Panne vor - auch BG-Kennzeichen).
Wir hatten dann gut überlegt, wo wir einigermaßen sicher übernachten und uns für den Supermarktplatz “Magnet” am Stadteingang in Balaschov entschieden - ich fragte auch noch den Securitymenschen, ob wir dort für eine Nacht stehen dürfen - und so schliefen wir recht ruhig. Am Tag drauf geht es stadtauswärts, wir kümmern uns endlich mal um unsere kaputten Tankschlösser und finden einen ganz patenten Burschen, er bastelt und macht tatsächlich beide Schlösser funktionsfähig - und das nur für ein Trinkgeld!
 Im Städtchen Anna besichtigen wir die Wallfahrtskirche. Hier wird inbrünstig gebetet, gesungen, Bilder geküsst - es lebt die Volksfrömmigkeit. Diese können wir dann auch noch in Voronezh beobachten, wo wir vor einer Kirche nächtigen ( sicher ist sicher!) - und  auch hier in Kursk haben wir rechter Hand eine Kirche.
Unser Kilometerstand zeigt auf 272559, d.h., wir sind bisher 23 000 km gefahren - und ehrlich gesagt, mir reicht es für den Moment. Aber es muss weiter gehen, noch durch die Ukraine - Kiew ist das nächste Ziel - oder sollten wir uns doch von den Erlebnissen unserer Freunde Yvonne und Alouis abhalten lassen (nachzulesen unter “www.womo-nomaden.com“), sie gerieten in einen Krimi, indem gleich zweimal versucht wurde ihre Fahrräder zu klauen - nun haben sie nur noch ein Velo…. Für heute schlafen wir erst einmal in Kursk und sehen dann weiter. Es kommt ja auch immer auf die Tagesform an.
Abschliessend sei aber gesagt: Russland ist ein ideales Reiseland. Wir haben fast nur Positives erlebt, die Polizei hat uns nicht einmal kontrolliert, immer vorbei gewunken. Überall kann man einen Stellplatz finden ohne behelligt zu werden, wir wurden nie weggeschickt. Der Lebensunterhalt ist gut und günstig, es gibt alles zu kaufen, wir mussten auf nichts verzichten. Der Diesel ist halb so teuer wie in D, was es möglich macht, diese Entfernungen zu schaffen -auch die Visacard wird fast überall akzeptiert …. Man muss nur tagelanges Fahren aushalten, oder eben nicht ganz bis zum Baikalsee. Auch trifft man immer mal nette Leute, die ein paar Brocken Deutsch reden, oder zumindest an einem interessiert sind. Unser Fazit: Russland ist ein wundervolles ( leichtes! - wenn man die Visumsgeschichte geregelt hat) Reiseland! Vorraussetzung, man ist bereit kyrillisch lesen zu lernen , dann auf nach Russland - wir können es nur empfehlen!!

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29.9.
Wir sind in der Ukraine auf dem Weg nach Kiew in Lubny, einem lebendigen Städtchen, gelandet, haben uns eingedeckt mit ein paar Köstlichkeiten und sie gerade verspeist. Besonders haben es uns die schmackhaften Kartoffeln angetan, dazu frischer Salat mit viel Dill und fetter Speck - na, ob wir den dann auch auf Bauch und Rippen spüren?  Zum Nachtisch gibt es Johannisbeer”saft” , hausgemacht!!
Die Grenze gestern hatten wir bei Belgorod genommen, was nachmittags lange Warteschlangen auf russischer Seite bedeutete, die Ukrainer machten dann auch nicht schnell und versuchten irgend einen Makel an unserem Zebra zu finden - trotzdem waren wir dann nach drei Stunden in der Ukraine - eigentlich recht problemlos, aber wir sind ja einiges gewohnt und nicht mehr so schnell aus der Ruhe zu bringen. Auch nicht als uns dann nachts die Polizei rausklopft , uns aus dem Tiefschlaf weckt, um nur mal zu fragen, ob es uns gut geht und dann noch die Autopapiere sehen will -alles in gutem frisch gelerntem Englisch - na toll, jetzt schlafe ich nicht mehr ganz so fest.
Auf der M03 geht es weiter gen Kiew. Wir sind uns der Geschichte dieser Gegend bewusst: Charkiv bekannt aus dem 2.WK wegen heftiger Panzerschlachten auf dem deutschen Vormarsch. In Poltava wurde 1709 Karl XII. von Schweden hier von den Russen (unter Peter dem Großen) vernichtend geschlagen. Wir besuchen ein Denkmal, das errichtet ist für die Millionen Opfer der brutalen Zwangskollektivierung unter Stalin  bis 1933.

Und heute wird nur 250 km südlich auch wieder gekämpft - wir merken nichts davon - einige Soldatenwerbeplakate und die Autobahn wird nicht weiter gebaut , sind kleine Hinweise , .....

Ansonsten wirken die Örtchen und Städte sehr viel lebendiger,ordentlicher und  sauberer, nicht ganz so marode wie  in Russland. Die Menschen begegnen uns lustig und freundlich, auch sie können ein paar Brocken deutsch.

 

 

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30.9. - 2.10.


Der 29.9. ist 75. Jahrestag zum Gedenken der ermordeten Juden in Kiew, Babi Jar ( Schlucht im Norden der Stadt - hier nahm der Massenmord an den Juden durch die Nazis seinen Anfang. In zwei Tagen wurden  33000 Juden aus Kiew zusammengetrieben, erschossen  und in diese Schlucht gestürzt. Danach gab es hier weitere Morde), auch unser Bundespräsident Gauck ist in Kiew - wir treffen erst am 30.9. ein.
Da das Wetter plötzlich umschlägt und herrlich sonnig wird, fahren wir zunächst zum Gelände des Freilichtmuseums, leihen uns Fahrräder und genießen das Radeln durch das weitläufige Gelände mit einer riesigen Mühlensammlung. Auch die kulinarischen Stände mit ukrainischen Köstlichkeiten sprechen uns sehr an. Zwei Nächte schlafen wir hervorragend an der Rückseite des Museumsgeländes ( schön versteckt!)
Am Samstag fahren wir früh los, erwischen einen Parkplatz direkt  zu Füßen der “Mutter Heimat”, einem 68m hohen Standbild aus rostfreiem Stahl - von dort “rollen” wir die Stadt auf und laufen uns sechs Stunden die Füße platt - ein Taxi bringt uns dann zum Zebra zurück. Wir haben auf diese Weise einen guten Überblick und Einblick in Kiew bekommen - eine moderne, lebendige Stadt mit Geschichte, die an allen Ecken demonstriert wird.
Am Sonntag wollen wir dann endlich die Gedenkstätte Babi Jar besichtigen - auch hier können wir direkt an einem Parkeingang parken. Wir benötigen über zwei Stunden für den Gang durch den Park und sind etwas irritiert, welch kleinen Raum das Gedenken an die jüdischen Opfer einnimmt - auch die Menora, das eigentliche Denkmal ist sehr klein ausgefallen - im Vergleich zum Mahnmal  für sowjetische Bürger und Soldaten, die im 2.WK durch die Nazis umgekommen sind.
Infotafeln mit Fotos sind sehr informativ und machen auch betroffen. Deutschland ist präsent mit einer Fotoausstellung “Gegen das Vergessen” die Gesichter Überlebender Juden der ganzen Welt zeigt.
Für deutsche Kiewbesucher ist der Besuch dieser Gedenkstätte wohl ein Muss und wir möchten dieses dann auch sehr empfehlen.

Freilichtmuseum Kiew

Stadtbesichtigung Kiew

Mahnstätte Park Babi Jar

5.10./6.10.
Diese fünfmonatige Reise bis an die Grenzen Chinas geht zu Ende.!
 Nur noch wenige 100 km trennen uns von Deutschland - sie schien so weit und unendlich lange zu dauern, diese Rückfahrt, und nun geht es plötzlich so schnell. Wir haben uns dann auch angesichts des Dauerregens für die kürzeste Route über Polen entschieden und dieseln gerade auf der A4 entlang. Gestern verbrachten wir den Tag an der Grenze (Krakovez) - man staune, wir brauchten 8 Std um von der Ukraine in Polen zu landen- der polnische Zoll macht “Dienst nach Vorschrift”, klopft jedes Auto nach Schmuggelzigaretten ab und nimmt sich Zeit. Im Stockfinstern landen wir dann auf einem großen Lastwagenparkplatz - und sind angenehm überrascht, dass es dennoch ganz still war. Morgens besorgen wir uns bei einer Tankstelle die ViaToll box, lassen sie aufladen und können so guten Gewissens und teuer bezahlt die Autobahn nutzen - und sind auch hier überrascht, wie sich Polen in den vergangen Jahren entwickelt hat: die Strasse ist neu und super , die Dörfer entlang modern und die Städte präsentieren sich mit modernsten Einkaufszentren. In Tarnow machen wir Halt und können so trocken etliche Stunden spazieren gehen und lecker essen, naschen, einkaufen - der Kulturschock funktioniert - es lebe der Konsum!
Noch schnell einen Blick in die Innenstadt von Tarnow geworfen, auch hier alles proper restauriert - doch bei dem Regen haben wir keine Lust rumzulaufen - also wieder auf die Autobahn ….. Und nun beginnt schon das “Erinnern, aufräumen, erzählen: “Weißt, du noch , als wir dort standen … wie hieß  noch gleich diese Stadt …. wer waren denn “Werner und M…, die haben wir doch an der Strasse nach ??? getroffen , … usw. 

Heute , am Morgen des 6.10. scheint wieder leuchtend die Sonne und einer Stadtbesichtigung in Krakau steht nichts im Wege

Und wir freuen uns riesig auf unsere Enkel, Kinder, Freunde, ….

Und wohin geht wohl unsere nächste große Reise? ..

Wir sind so dankbar, dass wir heil und erfüllt, zurück kommen!!
Da unsere Wohnung in Münster nicht bewohnbar ist ( wegen des Wasserschadens von der oberen Whg), werden wir nun ausgiebig Kinder, Freunde, Bekannte besuchen … 

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